Facebook der Hydra

Die Reden von der Flut der Bilder lassen das ertrunkene Wort zurück, überschwemmen das Ausmaß der Sprachlosigkeit, deren Ausdruck sie sind: bunte Zeugen verstummten Einspruchs, Frucht unerhörter Widerreden, immunisiert durch das verständige Neutralisieren von Klagen. Nur am Sachlichen orientiert entzündeten sich flammende Reden gegens Rhetorische, um das Wort zu verdinglichen, zu verbannen den Fluch, die magische Handlung als letzte Form des Widerspruchs. Im aufgeklärten Licht von Sittengesetzen verbannte man den Fluch, das Schimpfen als ungehörig: das darf man doch nicht. Und doch, wer kann es übel nehmen, das Übel ein Übel zu nennen, zu üben den Fluch?! Beredsam waren immer die anderen, die Macht des Erklärens, allen voran die Gründe fürs eigene Scheitern im Namen von Natur und Differenz. In der Erzählung das mystische Schicksal abzuwenden, um es als Selbstverschulden zu revitalisieren, hatten sich nur die Namen geändert, nicht die Rollen. Wer kann es dann verdenken, das Denken selbst in Verdacht zu ziehen, zu zweifeln an jeglicher Explikation?! Explizit zog man Begriffe an den Pranger, zu geißeln den Rumor von Sinn, die Worte zu häuten, die Organe blanken Versprechens zu sehen. Kritik, die vorgab Differenzen zu bergen, verschleppte nur den Müll differenzierter Kontrollmechanismen in die tiefen Gruben der Hoffnungslosigkeit, akademisch gewendet zur Archäologie der Verzweiflung. Selbst erstaunt ob der neuen Haiden, die dem Wort nicht mehr glauben wollten, nichts mehr hatten, zu wenig schon, um zumindest den Glauben zu schenken, zog sich Kritik beleidigt in Sprachkritik zurück, zumindest jene, die sich den Masochismus sprachlich leisten konnten, den Fetisch aus begrifflichem Leder, explizites Sympathisieren mit Sprachlosigkeit um der Sprache willen. Wir zerbrechen den Sinn, warum wehrt Ihr Euch nicht, stimmt mit ein ins avantgardistische Gedicht?! Links das Pathos der Dystopie, rechts das der Rechtschaffenheit, galt es sich abzufinden mit dem Außerhalb, den Bildern, die innerhalb des Rahmens gezeichnet wurden. Die Flut der Bilder, schon Not am Simulakrum, verbannte die Reden ins Reich der Ökonomie: Außerhalb war’s ruhig geworden, um dem Tausch der Bilder und Rahmen zuzuschauen, mit aller Kraft nochmals ein Bild vom Selbstbild zu machen, um es in die Runde zu hauen. Millionenfache Chimäre der Partizipation, das Facebook der Hydra. Im Schutz des Stereotypen schlängeln ihre Zungen zwiespältig, akkumulieren die blanke Quantität, die als Qualität liebäugelt, flirtet mit dem Verschwinden in der Menge. Was vom Wort bleibt, wird algorithmisch gegoogelt, von Suchmaschinen erfunden, um den Analphabetismus zu füttern, zu digitalisieren das binäre Wort. Wer schreibt den ersten Roman mit emoticons, die erste Dissertation, Enzyklopädie des Ungehörten, die erste Übersetzung von Rimbaud in die Akronyme von SMS, ein LOL der Geschlechter? Die Bilderflut flutet nur die Sprache, das Schweigen, das sie expliziert. Kritik an der Bilderflut allein greift zu kurz, wenn sie nicht dazu sagt, das diese darauf abzielt, die letzten Reden zu ertränken, den Versprechungen Rahmen zu setzen. Ertrunken in der Flut kann sich das Wort nur amphibisch zurück melden, mit Flossen an Land kriechen, zufällig wie das Aleatorische eines Alligators und hungrig nach mehr.

Außergewöhnliche Gewohnheiten

Noch modern galt die Gewöhnung ans Ungewohnte, das damit selbst die Kategorie des Neuen erfüllte und zugleich zurück genommen wurde in die Macht des Gewohnten. In der Gewöhnung ans Ungewohnte erschien dieses nur als Investition ins Gewohnte, das sich nur auf den ersten Blick schockartig vergrößerte, um dann doch die unstillbare Macht des Gewohnten fortzuschreiben, ja den Fortschritt selbst als gewohnten Lauf der Dinge laufend am Laufen zu halten. Was neu erschien, war nur die Initiation für die Aufnahme ins Gewöhnliche. Auf Benjamin geht noch der Gedanke zurück, ein Problem auch dadurch loswerden zu können, indem man sich daran gewöhnt. Implizit war damit die Moderne selbst zu Fall gebracht, ihr Aufbegehren als vorübergehendes Symptom einer Differenz von Fortschritt und Wiederkehr des Gleichen identifiziert. Neu erschien nur die Verzögerung der Einschreibung ins Alte, selbst schon Erbe des Fortschreitens, des gewohnten Voranschreitens der Gewöhnung. Was im Antlitz der Moderne aufblitzte, war nur die Grimasse einer avantgardistischen Geduld. Was im ersten Weltkrieg nicht zu enden schien, sollte genug Zeit geben, sich an den Krieg zu gewöhnen, an die Hinterlassenschaft einer bloßen Zwischenkriegszeit, um mit einem so genannten Anschluss gleich den zweiten Weltkrieg anzuschließen, schon im Bann einer Macht des Gewohnten. In der Macht des Banns sollte dann die letzte Bastion fallen, die Angst vor dem Tod, an den man sich gewöhnte wie ans nackte Leben, an die Frage des bloßen Überlebens aus der Gewohnheit zu sterben. Nicht wann man stirbt war die Frage, sondern wie oft man sterben muss, wie oft man die letzten Erinnerungen ans Menschliche abtöten muss, um als bloße Spezies wilder als die Tiere zu werden, wieder den Anschluss zu finden an eine postkulturelle Natur. In den Öfen wurde der Tod verbrannt, das Grabmal verbrannt ohne Begräbnis, schon Grab der Gräber in rasender Ruh. Und wieder errichtete die Gewohnheit das Haupt, sich nun ans Schweigen zu gewöhnen, ans Vergessen aus Gewohnheit. Das war die andere Dialektik der Aufklärung, an die sich Adorno nicht gewöhnen wollte. Einfach weiter machen wie aus Gewohnheit, nur mit dem Ziel sich nun zu verwöhnen, sich nachkriegszeitlich ans Verwöhnen zu gewöhnen. Ungewohnt schien das Verwöhnen, als Zerrbild eines modernen Wohnens in der Angewöhnung ans Ungewohnte, an die Zukunft des Gewöhnlichen. Modern schien dann die Produktion neuer Gewohnheiten, der Gebrauch eines neuen Brauchtums aus alter Gewohnheit, wieder ein Anschluss, diesmal ans Gewöhnliche der alten Wohnung ganz neu. In die Reden von neuen Zeiten und neuen Sitten, war das alte Bild vom Sittsamen schon enthalten. Die Sitte war ein Reglement als Konsequenz des Gewohnten, ein altbekanntes Neues, mit dem man sich nun verwöhnte, dem Vergessen zum Trotz ganz bona fides. Modernisieren hieß sich ans Verwöhnen zu gewöhnen, zu erreichen den Genuss des Gewohnten, das Umbilden der Moderne in Tradition. Nur von dieser Verknüpfung von Moderne mit Tradition spricht das Postmoderne, in seinem Bann einer Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, ein Synchronschwimmen in verschiedenen Gewohnheiten. Ungewöhnlich schien nur das Nebeneinander und damit die Grenzen, die man den Gewohnheiten steckte, um sich ganz multikulturell an verschiedene Gewohnheiten zu gewöhnen, an eine Collage der Gewohnheiten im Rahmen des Gewöhnlichen. Was sich hier schon ankündigte, war ein Einüben, eine Pädagogie fürs Außergewöhnliche, an das sich nun die Gegenwart zu gewöhnen scheint. Nicht zufällig klebt am Begriff des Außergewöhnlichen noch das Gewöhnliche, das Versprechen in der Gewohnheit selbst ein Außen zu entdecken, einen Schutz vor dem Innen. Das Verlangen danach, sich selbst ausdrücken zu können, heißt nicht nur sein vorgestelltes Inneres nach Außen zu bringen sondern auch auf das Innere als restlos und buchstäblich Ausgedrücktes zurückblicken zu können. Im Erstaunen ob dieses außergewöhnlichen Selbstbildes schreibt sich die Gewöhnung ans Ungewohnte wie gewohnt fort. Was die zeitgenössische Wohnung bieten soll, ist dann nicht das einstige Interieur sondern ein verinnerlichtes Exterieur für das Außergewöhnliche, die Rückkehr ins Befremden als wohl ursprünglichste Form seine eigenen Gewohnheiten zu entdecken.

Für einen Sprung ins Ursprüngliche: Die Renaissance X

Im Bild des Ursprungs springt die Herkunft sprunghaft ins Licht – mit einer Plötzlichkeit, die noch im Horizont einer Gegenwart aufblitzt: je aufs Neue das alte Aufleuchten unhaltbarer Dauer, nur ein Sprung in die Zeit. Sinngemäß steht der Augenblick für die Belichtungszeit dieses Sprungs, für das Maß des menschlich wahrnehmbaren Moments, in dem der Eindruck von Ursprünglichkeit fortlebt. Ideologisch reflektiert sich in der Fotografie noch dieses Bild vom Ursprung, im Bild der sprunghaften Belichtungszeit. Wenn das fotografische Bild als Ausschnitt von Sekunden erscheint, bildet es zugleich den Schnitt ab, den es in die Zeit schneidet, als Bild vom Schnitt als Sprung ins Echo des Ursprünglichen. Worauf sich dann das fotografische Bild bezieht, ist weniger das abgebildete Motiv sondern das Begehren, dieses im Licht des Ursprungs erscheinen zu lassen, es einzutauchen ins Ursprüngliche. Fotografieren heißt dann, den ursprünglichen Akt des Ins-Licht-Tretens des Ursprungs bildhaft zu wiederholen, ein »Re-enactment« des Sprungs in die Zeit, um im selben Moment aus der Zeit herauszuspringen in den Eindruck unhaltbarer Dauer. Magisch wirkt am fotografischen Bild nur der Widerspruch, der die paradoxe Verbindung von einem Sprung in die Zeit und aus der Zeit heraus zusammenhält. Was darin erscheint, ist bloß das buchstäbliche »Heraus-Treten« in die »Ex-istenz«. Fotografieren meint dann das bildhafte Wiederholen des Ursprungs, um die Ursprünglichkeit der Existenz je aufs Neue zu vergegenwärtigen. Im Licht der vielen Bilder, die täglich gemacht und nicht weniger oft gepostet werden, erscheint das Fotografieren als Ausdruck für ein Begehren nach dem Ursprünglichen, das heißt nach einem Leben, das nach der Art des Ursprungs beleuchtet werden will. Allein das Mannigfaltige der Bilder skizziert das Ursprüngliche als serielle Figur, als Ursprungsserie unter dem Banner der Fortsetzung, die folgt. Ästhetisch vermittelt sich diese Ursprungsserie als Disco-Version eines Ursprungs im Licht des Stroboskops, als populärkulturelles »Re-enactment« der Chronophotographie: Ihre Serien von Standbildern formen nicht nur den fotografischen Prototyps des Films sondern halten auch die Unterbrechungen fest, die Sprünge aus dem Bild und ins Bild, den Intervall in dem die Ursprünglichkeit wiederholt wird. Der Eindruck, dass die wachsende Anzahl der Selfies nicht auf ein letztes ultimatives Bild als Manifest der dargestellten Person abzielen, legt die Vermutung nahe, dass auch nicht die Qualität des Bildes gemeint ist sondern der Akt des Bildermachens selbst, die Anrufung einer imaginären Ursprünglichkeit, die sich je im Moment artikuliert. Das Ergebnis ist ein infinites Panorama an Ursprüngen, die inflationär ins Genre der Wiedergeburten expandieren. Was in dieser mehrmals wiederholten Wiedergeburt pro Tag ins Licht rückt, ist eine weitere Version der Renaissance, eine »Renaissance X«, die sich kritisch gegen die Vorstellung »eines« Ursprungs mit den entsprechend hegemonialen Geschichtsschreibungen wendet und an die Stelle des Urknalls ein Universum von Ursprünglichkeiten setzt. Aus der Perspektive einer populärkulturellen Übernahme der Ursprungsbilder zeichnet sich eine Demokratisierung des Renaissance-Begriffs ab, eine Demokratisierung des Ursprungs, der zur infiniten Wiedergeburt von Ursprünglichkeit zersplittert. Die Frage der Warenförmigkeit dieser Ursprünglichkeiten soll hier noch ausgeklammert bleiben. Interessanter erscheint die »Renaissance X« dahingehend, als sie sich am Bild des Ursprungs orientiert, um diesen im Licht des Sprunghaften und Momentanen selbst zu Fall zu bringen, ihn ästhetisiert und formalisiert, um dessen Wirkungsmechanismen außer Kraft zu setzen, seinen Sprung zerspringen zu lassen. Denkt man dabei an Michelangelos Bild von Adam in der Sixtinischen Kapelle, dann müsste man zwischen den Abstand, der den Fingerzeig Gottes von der locker, ja gelangweilt hingehaltenen Hand Adams trennt, einen Fotoapparat ergänzen: Ein Adam, der ein Selfie macht, um einen Gott zu sehen, der auch einmal die Kamera haben will. Aber dieser Abstand ist so gering, so sprunghaft wie das Bild, das den Ursprung belichtet. Methodisch von Interesse bleibt die Wiederkehr, die Wiederkehr des Verdrängten und verlorenen Ursprungs, der da wiedergeboren wird, um gerade dadurch entkräftet und seiner Einmaligkeit beraubt zu werden. Akustisch steht die Renaissance X für eine Urknallerei, für ein Spektakel, das sich trotz der Verdammung durch die Situationisten als hegemoniekritische Taktik ins Licht setzt und sei es in einem Moment von unhaltbarer Dauer.

Rinnsal des Astralen

Er hüllt sich in Schweigen ohne Mantel der Verschwiegenheit, zu wahren das Staunen ob der Blöße, blass im Tageslicht entblößt das Los der Nacht. Umhüllt von Schweigen den Gesten zugetan, der Schrift des Atems ohne Alphabet. Logos senkt die Lider, schämt sich im Abendrot der Stimme gefesselt von Vokalen. Das stimmlose H haucht seine Schatten in die Stimmung, die das Bild verströmt, betört die rahmenlose Stille. Nur ein Hauch versiegelt den Verstand, besiegelt das Los der Blöße. Staunend staut sich das Vergessen der Scham, umspült der Schaum die Nacht im Rinnsal des Astralen. Unverhüllt hüllt er sich ins Schweigen, das sonst nur ein unverhoffter Brief erfüllt im Mantel der Verschwiegenheit. Geborgen im Unverborgenen der Blöße das Staunen anzunehmen, den wortlosen Brief als Geste, als Ausdruck des Vertrauens nicht mehr nach dem Wort zu suchen, nach den Wegen durch die nackte Nacht.

Der kleine Pierrot

Die Kleider waren ihm zu groß und groß genug, um ihn klein aussehen zu lassen, schon klein genug, um noch in die kommenden Jahre zu passen und die Gegenwart schon immer als zu groß zu spüren. Pierrot war kein Kind und wurde nie erwachsen, nie groß genug, um mit der Zeit zu wachsen. Entwachsen den Infanten hielt er sprachlos das Wort, dem Wort nicht zu trauen, zu vertrauen nur den Gesten, die sich gebärden wie das spielende Kind, das die Welt nach Belieben nennt, weil es nur beliebige Wörter kennt, erkennt das Arbiträre, das im Kleid der Gewohnheit verbrennt. Pierrot muss man sehen, mit den Augen dessen Sprache verstehen, im Blick das Ohr, das die unerhörte Stille vernimmt. Nur eine Gebärde, Geburt des Zeigens, die nur anzeigt – auf das Andeuten deutet. Es kommt etwas, das Dich meint, ein Anspruch, den Du an Dein Zuhören stellst. Pierrot schaut der Sprache nur zu, dem Band, das Dich an ihn bindet, entbindet der Fragen. Es ist da drüben, hinter dem Wort vor Deinen Augen. Ich weiß nicht wer Du bist, nicht wer ich bin in Deinen Augen. Pierrot meint Dich, jeden in Dir, den Du gehen lässt, ankommen lässt im namenlosen Wink des Augenblicks. Pierrots Kleider sind groß genug für jeden, groß genug für alle, die ihrer Rolle entschlüpfen, hineinschlüpfen ins zu Große aller Tage, aller Wörter dieser Welt. Da drüben sitzt er, starrt ins Leere, das Du kennst, sein Schweigen das aus Dir spricht, seinen Rücken streift im streichelnden Blick. Seine Kleider sind groß, schwer genug, um die Gesten zu spüren, das Heben der Hand, das Senken der Lider auf das Gewand, das ihn umhüllt das Verhüllen zu bekleiden, den Rückzug aus dem anzüglichen Schweigen. Er sieht zu Boden, das Wort aufzuheben, das Du fallen gelassen hast, seinen Blick, der Dir zugefallen ist, zufällig, ein Fall fürs Beliebige, das mit Gedanken spielt.

Ein Selfie des Subjektiven

Fern der Dialektik, die den einen wie den anderen kennt, lebt von beiden, von der Teilung, die das Allgemeine um das Wohl besonnen vom Besonderen trennt, ändert sich das Bild vom Subjektiven, dreht sich das soziale Band. Es löst sich die Last, lässt ab, vom pendelnden Lot der Grenzen. Nicht die eine, die andere, nicht beide zugleich vereint in Händen dritter, betritt der Affekt die Bühne, effektvoll im Licht. Richterlich erhebt er die Stimme, das Plädoyer im Chor fürs Gemeine: »Wir machen keinen Unterschied weil wir der Unterschied sind, schon immer gewesen das Wesen in Dir, Deine Chimäre«. Neurobiologisch nur ein Knoten, »was Du Schicksal nennst, Dein Leben«! Die Geburt der Tragödie wurde als Versteck geboren, das Spiel zu schützen, nicht die Spielenden, die nur siegen und verlieren, zu entrinnen dem Synonym vom Sinn, dem Siegel geformt mit Bedeutung und Gefühl. »Mutig geben sie die Rollen zurück, des Theaters Requisiten einer Agora«. »Ich bin Präsident«! Sie lachen. »Ihr habt mich gewählt«! Sie lachen. »Ihr seid souverän«! Sie lachten sich zu Tode, gäbe es ihn. »Wir sind das Material aus dem die Zeit gestrickt wird, nur ein Faden ohne Mythos, Ariadne«: »Ungefähr 9.820.000 Ergebnisse (0,74 Sekunden)«. Sie lachen, haben ein Bild von sich, schon Selfie vom Subjektiven, ein Porträt des Affekts.

Besuche den Versuch!

Betrachte dieses Wort, das Deine Augen schauen, sein Bild, das in Dich dringt, sich einschreibt, sich maskiert als Sprache Dich entblößt zu sehen im Echo des Gemeinten. Hörst Du Deine Stimme aus dem Wort, den atemlosen Klang im Ohr? Du sprichst es aus, sagst es lesend vor Dich hin, fragst nach seinem Sinn? Betrachte dieses Wort, das in Dir wohnt, Dich heimsucht als Gast im Befremden Deines Monologs gewiss. Es nährt sich von Dir, dringt aus Dir getränkt von Deinen Lippen, dem Tagtraum gleich gefärbt. Eine Zeile schaffst Du noch, die nächste schon vertraut freust Du Dich, frappierst die Blöße ohne Scham, am Verdrängten zu lecken den Klang. Wie ein Vorhang fällt das Bild, der Rahmen um zwischen die Zeilen zu schauen. Nur Papier maskiert das Weiß, der Schirm die Schmach der Sitten. Löse nur das Band der Schrift, die schriftlichen Bandagen in Büchern archiviert. Lege Deinen Finger auf das Wort, die stille Wunde öffnet sich den Nüstern voller Lust, im Spiegel Deiner Augen sehe ich mich, verschwindet mein Vergehen.

Die Natur der Signatur

Sprache deckt das Staunen zu, hält es bedeckt, hält sich bedeckt im Surrogat der Gegenwart, die sie verspricht, markiert als Sequenz im Bild der Sentenz. Sie wartet schon auf Dich, auf Deinen Namen, der Dir verliehen wird, in ihrem Namen verliehen wird als Pfand fürs Soziale, den Clan eines Denkens auf Kredit. Sie hält sich bedeckt, verdeckt in der Camouflage der Autorschaft. Dein Name ist ihr heilig als Signatur aller Namen, die sie spendet, nährt im Klang der Stimme, die sie diszipliniert, orchestriert im Konzert der Idiome. Was soll ich sagen, was soll ich noch sagen, wenn Du den Reim schon kennst, schon vernimmst den Vers der Sprache Eile? Hör nicht auf mich, nicht auf meine Sprache, den Sklaven in mir! Mich trennt nur mein Name von Dir, nur ein Name, der mir das Schweigen nimmt, den Atem signiert. Hör nicht auf mich, den Virus des Verbalen in mir! Homer hat Niemand verschenkt, vergeben, gebilligt als billigen Schmäh im Verschmähen des echten Namens, verdreht zum Niemand, den niemand kennt, niemand will, nicht geschenkt und nicht gegeben. Doch Niemand spricht, hörst Du mich… wenn Niemand spricht, bricht die Sprache ihren Bann und ihr Versprechen, lässt das Staunen zu. Klar, sie rächt sich ungehört, legt es aus als Schweigen, das den Atem signiert, um den Namenlosen zu verschweigen, den Niemand, der sich selbst nicht kennt, nicht kennen will den Abstand zwischen Namen, die wahre Odyssee. Kein Flüstern ist leise genug, zart genug, den Sturm zu imitieren, die Jahre. Bilder, die sich von den Farben lösen, von den Pinselstrichen überm Blatt, blättern ab, vergilben zur Metapher, beredsam wie der Blick. Über allem lauert ein Name den Gesten voraus, vorbei am Weg ins Triviale…es wartet schon, war schon da als Double, zu früh, zu spät erscheint es ähnlich, nur gleich und nicht dasselbe. Namenlos steht niemand vor Dir, der Sprache beraubt als letzte Gabe.

Im Quantengewand

Im Gewand von Quanten zerstreuen sich die Gedanken da und dort zugleich, zu halten die Distanz im Selben historisch nur verstreut, vermacht, vergeben. Neutronen zerstäuben im Neutralen, vergessen zu quantifizieren, zu trennen das Sein im Seienden nomadisch nur ein Exiquant, gequält, amüsiert ob der Exile im Visier des Gleichen, belustigt ob der Zeit mit Zukunft und Vergangenheit. Heidegger hat Heisenberg wohl unvernommen gehört, nur unscharf korrelieren deren Relationen, von Morandi schon mit Tassen, ein paar Kannen porträtiert: Waren ja Zeitgenossen die drei, nur gefaltet und gefädelt nach disziplinärem Gebrauch. Im Relativen formt sich das Band, das Bild deren Beziehung, die sich abstrakt skizziert, fast komisch schon deren Silhouette. Im Licht des Augenblicks schwinden die Ränder, die Konturen des Zentrums, das dem Gewicht des Beschreibens innewohnt. In der Pinselschrift eines Morandi ruhen die Konturen, die Häuser und Tassen hören nicht aufs Wort, negieren ihr Gehäuse, das sie durchstreifen, nomadisch bewohnen die Sprache aus Erinnerung. Geformt aus Gesten leerer Häuser, die man nur vom Meer aus sieht, gestrandet im Licht, in den Farben einer Möglichkeit fern ab vom Wind, der sich in den Segeln windet und wendet das Wort. Im Wandel der Schatten zieht das Sein dahin, im Gewand von Quanten gewendet zur Physik eines Widerspruchs, der das Vertrauen färbt im Klang des Neutralen.       

In den Farben eines Kalenders

Patiniert von Jahren lebt es sich leicht, vielleicht gereift zur Frucht des Schweigens, den Schritt zu wagen in den Wogen von Ebbe und Flut. Entfesselt nichts mehr zu sagen, zu neigen die Stirn. Es wächst um den Nabel, geschwängert vom Dank, das Kind seiner Zeit, gestillt mit Stille aus den lächelnden Lippen der Brust. In den spiegelnden Augen reflektieren sich die Blicke, der Ferne gewahr. Kein Wort reicht dahin, den Sinn zu binden, den Halt auf Papier. In den Gezeiten von Gründen und Folgen gleichen sich die Wellen, folgen dem Spiel des Kindes mit den Fransen des Schlafs. Unerbittlich erscheint die Milde darin, nicht zu scheuen den Widerspruch, das Urteil der Geduld. Unnachgiebig wacht sie über die Wächter der Dringlichkeit, löscht den Durst nach Argumenten, den Disput nach Autorschaft. Ohne Zögern teilt sie unteilbare Epochen, den Lauf der Dinge auf. Auf ihren Flügeln korrodierte Schwerkraft färbt sich lichterloh, patiniert die Jahre, den Kalender der Lebendigkeit.